Haushaltsrede

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie groß die Herausforderungen in den diesjährigen Haushaltsberatungen sind, zeigt sich allein schon daran, dass wir trotz der um ein Jahr verschobenen Verlustausgleiche in diesem Jahr lediglich ein Jahresergebnis von rund 200 TEuro verzeichnen können. Diese Zahlen sind kein Grund zur Freude und verdeutlichen die Herausforderungen, denen wir uns als Stadt gegenübersehen. Die mittelfristige Finanzplanung ist noch besorgniserregender – mit Blick zu Land und Bund müssen wir alle fraktionsübergreifend einfordern, dass die kommunalen Finanzen endlich anders aufgestellt werden!

Ich blicke zuerst auf die Ursachen der schwierigen Haushaltslage. Diese liegen – global betrachtet – auf der Hand: Die Auswirkungen der Corona-Pandemie und der Ukraine-Krise haben auch vor Dormagen nicht haltgemacht. Hinzu kommen die erhöhte Inflation und die stark gestiegenen Zinsen für Teile der städtischen Kassenkredite.

Doch auch hier vor Ort haben wir Probleme, die wir nicht zu verantworten haben: Die hochvolatilen Gewerbesteuern sind – verglichen mit Durchschnittswerten des Landes – viel zu niedrig im Bezug auf die Höhe des Gemeindeanteils an der Einkommenssteuer und im Bezug auf die Grundsteuereinnahmen. Dies liegt wesentlich auch daran, dass große Unternehmen vor Ort Steueroasen in Leverkusen und Monheim ihre „steuerliche Heimat“ nennen. Damit wird zwar die von Dormagener Steuergeldern zu zahlende Infrastruktur genutzt und damit auch geschädigt, leider wird aber nicht dafür gezahlt!

Bereits im vergangenen Jahr haben wir als Grüne gemeinsam mit unserem Koalitionspartner SPD die sich abzeichnende schwierige Lage erkannt und durch die Anhebung der Grundsteuer B sowie der Gewerbesteuer den Mindereinnahmen und erhöhten Aufwendungen entgegengewirkt. Für die diesjährigen Haushaltsberatungen haben wir uns selbst einer strengen Haushaltsdisziplin verpflichtet: Sie finden deshalb keine wesentlichen Mehrausgaben für weitere Projekte im Sinne der Nachhaltigkeit, unserem Kernthema.

Mir ist es wichtig, zu betonen, dass auch die Oppositionsparteien kaum substanzielle Alternativen zum von der Verwaltung vorgelegten Haushalt aufzeigen – weder in diesem Jahr, noch im letzten Jahr, noch in den Jahren zuvor.

  • Eine Rücknahme der letztjährigen Erhöhung der Grundsteuer B wie vom Zentrum gefordert wäre haushalterisch nicht solide darstellbar und würde zu einem weiteren Schuldenaufbau durch die Stadt führen.
  • Die Überlegungen zur Abstoßung der Musikschule in Richtung Kreis – immer wieder von CDU und Zentrum ins Spiel gebracht – würde die hohe Qualität und die Weiterentwicklung der Musikschule gefährden.
  • Der immer wieder erfolgende Widerspruch gegen die Worado sowie die Gedankenspiele zu deren Auflösung würden zu einem immer weiter ansteigenden Mietspiegel in Dormagen führen. Dieser wäre vom Rat nicht mehr zu beeinflussen.
  • Und die immer wieder erfolgende Kritik an der Personalplanung von Bürgermeister und Koalition ist reine Augenwischerei – die deutlich gestiegenen Personalkosten wurden vom Bürgermeister in der Einbringung des Haushaltes sehr gut und nachvollziehbar begründet: Diese gehen im Wesentlichen auf Tarifabschlüsse und zusätzlich zu erledigende Aufgaben zurück, und nur zu einem kleinen Teil auf Stellenneuschaffung aufgrund neuer Aufgaben hier in Dormagen.
  • Fast schon zynisch muss das Abstimmungsverhalten von CDU, FDP und Zentrum im Planungsausschuss gegen die Prüfung auf Förderfähigkeit bei der Entsiegelung des Platzes auf der Gneisenaustraße und dessen Begründung erscheinen: Ein verbessertes Fördermittelmanagement wurde uns von der GPA im letzten Bericht sehr empfohlen! Noch in ihrer eigenen Stellungnahme vom August 2022 begrüßt die CDU das Entsiegelungskonzept – die Prüfung auf Förderfähigkeit wird dann aber im Planungsausschuss abgelehnt. Nachhaltigkeit und Entsiegelung ja – aber doch nicht bei einem Antrag, den die SPD gestellt hat?!?
    Ein Schuft, wer dahinter erneute Vorboten des Wahlkampfes 2025 erkennt.      
    Ich richte meine Bitte an beide CDUen im Stadtgebiet – Partei und Fraktion: Lehnen Sie ab, was sie wollen. Aber tun Sie das aus Überzeugung, lassen Sie das Geplänkel sein, das ist nicht konstruktiv, nicht aufrichtig.

Konstruktiver – wenn auch zu spät eingebracht, um noch sinnvoll beraten werden zu können – sehe ich die Vorschläge zum Stellenplan. Darüber können wir gern ausführlich im nächsten Hauptausschuss diskutieren.

In unserer Koalition mit der SPD setzen wir als GRÜNE uns dafür ein, Dormagen als lebens- und liebenswerte Kommune zu erhalten. Wir möchten die Errungenschaften der letzten Jahre bewahren, wie die aktive Absenkung des Mietspiegels durch die städtische Wohnbaugesellschaft, die niedrigen Kita- und OGS-Gebühren, die hohe Qualität der Musikschule, die Investitionen in die Schullandschaft und in den Sport, das Offenhalten zweier städtischer Bäder im Sinne der Jugendschwimmförderung und der Förderung der Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger.

Finanzpolitisch besonders nachhaltig wird die Vergabe von Bau- und Gewerbegrundstücken in Erbpacht werden: Erstmals ist im Haushaltsplan 2024 in der mittelfristigen Finanzplanung die Auswirkung der Entscheidung für die Erbpacht und gegen den Verkauf unserer Grundstücke dargestellt. Dies wird sich in den kommenden Jahren positiv im Haushalt bemerkbar machen und in der Prognose ab 2025 zu regelmäßigen Einnahmen in Millionenhöhe führen. Es ist bedauerlich, dass diese Maßnahme nicht schon viel früher angegangen wurde.

Als GRÜNE und als Teil der Rot-Grünen-Koalition werden wir uns auch in Zeiten knapper Mittel weiterhin für ein lebens- und liebenswertes Dormagen einsetzen:

Für Nachhaltigkeit.

Für bezahlbaren Wohnraum.

Für Bildung.

Für Familien.

In diesem Sinne werden wir den vorliegenden Haushalt heute mitbeschließen, der einen wichtigen Schritt darstellt, um Dormagen auch in Zukunft als lebenswerte Stadt zu erhalten.

Besonderer Dank gilt wie in jedem Jahr der Kämmerei und hier insbesondere Herrn Spillmann, der in den Vorberatungen sehr souverän alle Fragen beantwortet oder kurzfristigst für deren Beantwortung sorgt, der eine herausragende Begeisterung für seine Themen hat und über ein solides und souveränes Fachwissen zu allen Haushaltsfragen verfügt.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

Tim Wallraff
Fraktionsvorsitzender
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dormagen